Rund ums Buch

Bücher-Brocky


Meine Frau und ich sind Bücher-Brocky-Narren. Das etwas regnerische Wetter in den letzten zwei Juliwochen nutzen wir dazu, alle fünf Bücher-Brocky-Filialen in der Schweiz kennenzulernen. Das Bücher-Brocky ist eine privatwirtschaftliche Organisation, die gut erhaltene Second-Hand-Bücher zu sehr günstigen Preisen verkauft. Die Bücher kommen aus Wohnungsräumungen oder anderen Quellen, ebenso kann jedermann nicht mehr gebrauchte Bücher dort abgeben, was bedeutet, dass das Sortiment sehr reichhaltig ist und sich täglich verändert. Man trifft immer Momentaufnahmen an - Bücher, die heute vielleicht nicht vorhanden sind, können morgen schon im Regal stehen. Das macht jeden Besuch spannend und interessant. Da lassen sich manche Raritäten und vergriffene Exemplare finden.


Das erste Bücher-Brocky wurde 1996 in Luzern eröffnet, zwei Jahre später die Filiale in Basel, danach entstanden bis zum Jahr 2011 drei weitere Filialen in Zürich, Aarau und Bern. In Basel sind meine Frau und ich mittlerweile Stammkunden, mindestens zwei oder dreimal im Monat streifen wir dort durch die Regale, lauschen der klassischen Hintergundmusik, die übrigens in allen Filialen läuft, und finden meist ein paar kleine Rosinen. Hierbei spielt für mich die Qualität und das Aussehen eines Buches eine wesentliche Rolle. Weisen Umschlag oder Seiten zu starke Gebrauchsspuren auf oder stehen persönliche Widmungen auf der ersten Seite, verzichte ich auf einen Kauf, selbst wenn das Buch in meiner Sammlung noch fehlt.
Unsere kleine Erkundungsreise beginnt mit der Filiale in Zürich. Im Untergeschoss der Räber Handelsschule an der Bederstrasse gegenüber des Bahnhofs Enge befindet sich das grossräumige Buchparadies. Die fensterlosen Räumlichkeiten, da im Keller, machen einen freundlichen Eindruck, Platz ist genügend vorhanden. In der Mitte gleich beim Empfang stehen Papiertüten mit gebrachten Büchern, die auch von Kunden durchgesehen werden dürfen. Der Literaturbereich ist - wie in allen Filialen - in die Genres Belletristik, Unterhaltungliteratur, Schweizer Autoren, Kinder- und Jugendbücher, Krimis und Thriller, englischsprachige Bücher, sowie Klassik und Lyrik eingeteilt. Taschenbücher und gebundene Bücher stehen nicht im selben Regal, was mir sympathisch ist, da mein Augenmerk nur den Hardcovers gilt. Während meine Frau in den Jugendbüchern untertaucht, verschwinde ich zwischen den langen Regalwänden mit der Belletristik, die hier alphabetisch nach Autoren sortiert ist. Allerdings auf zwei Regalen, beide von  A - Z. Ich nehme dreizehn Bücher mit nach Hause.


Drei Tage später unser Besuch in der Filiale Luzern. Eigentlich befindet sich das Bücher-Brocky in einem Aussenbezirk von Luzern, an der Ruopigerstrasse im Ortsteil Littauen/Reussbühl, wohin der Bücherumschlagplatz, nachdem er ursprünglich hinter dem Luzerner Bahnhof gegründet worden war, später umgezogen ist. Auf zwei Stockwerken, im alten Littauer Gemeindehaus, treffen wir das für unsere Begriffe schönste Bücher-Brocky an. Obwohl die Räume eher klein ausfallen und die hohen Regale eng beieinander stehen, oder vielleicht gerade deshalb, vermittelt diese Filiale viel Charme. Auch hier sind Taschenbücher und gebundene Bücher im Belletristikbereich getrennt, ein Ordnungssystem innerhalb der Belletristik gibt es nicht, jedoch wird die Trivialliteratur gesondert angeboten. Meine Frau hält sich im oberen Stockwerk bei den Kinder- und Jugendbüchern auf, während ich mir zuerst das Regal mit den Schweizer Autoren durchsehe, danach die Klassik, und mich dann in den drei grossen Regalwänden und Buchrücken willkürlich eingereihter Romane verliere. Sechzehn Bücher finde ich hier für meine Sammlung.
Dann Basel. In dem Bücher-Brocky an der Güterstrasse im Gundeli gleich hinter dem Bahnhof haben wir Heimspiel. Ein einziger grosser Raum ist, wie auch in Zürich, mit Regalen unterteilt. Rechts nach dem Eingang befindet sich die Empfangstheke, während die Belletristik-Bücherwand links vom Eingang bis ans Ende des Raumes führt - beginnend mit der Klassik vor 1900, jener des 20. Jahrhunderts, dann die Biografien, die CH-Literatur, gefolgt von einer Einteilung nach geografischen Bereichen (russische, asiatische, nahöstliche und lateinamerikanische Literatur), und schliesslich wird nach Verlagen eingeteilt, dies allerdings nicht konsequent. Die historischen Romane und die Unterhaltungsliteratur stehen in einem Seitenarm. Das Ordnungssystem innerhalb der Belletristik erscheint mir nicht wirklich gelungen, eine alphabetische Ablage wie in Zürich oder die Einteilung nach sprachlicher Herkunft der Autoren, wie in Bern, erleichtert die Suche. Heute nur ein Buch. Auch gehen wir bald wieder.


Die Filiale in Aarau liegt etwas zurückversetzt, gegenüber der Kaserne, am Freihofweg hinter einem China-Restaurant, in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Weinkellers. Bei den wenigen Malen, da wir diese Filiale besuchten, hatte ich nie wirklich ein hübsches Buch gefunden. Die etwas verwinkelten Räume sind schlecht ausgeleuchtet, so wirkt das Ganze schummrig und ungemütlich. Der enge Eingangsbereich ist mit Regalen verstellt, Pfeile am Boden weisen in die Richtung eines Rundgangs. Heute gewinne ich einen besseren Eindruck. Die Räume sind heller, auch scheint die Buchqualität gepflegter zu sein. Von allen Filialen finden wir hier in Aarau das grösste Angebot an klassischen Werken. Die Romane sind in die Hauptbereiche Trivialliteratur, Belletristik und CH-Autoren eingeteilt. Die Taschenbücher stehen auf einem eigenen Regal. Die CH-Autoren sind alphabetisch geordnet, und innerhalb der Belletristik finden wir eine Einteilung nach Verlagen. Vierzehn Bücher finde ich diesmal.


Die Filiale in Bern ist mit dem Auto einfach zu finden. Nach der Autobahnausfahrt Neufeld dreimal abbiegen, und schon stehen wir vor dem Bücher-Brocky, das sich in einem Wohnquartier an der Länggassstrasse befindet. Im einladenden Eingangskorridor sind bereits die Krimis und Thriller ausgestellt und rechts um die Ecke die antiquarischen Bücher,  im mittleren Raum befindet sich die Empfangstheke, und der Hauptraum weiter hinten gleicht einem grossen Saal, dessen Decke von weissen runden Säulen getragen wird. Grosse Fenster sorgen für eine lichtdurchflutete Szenerie; auf orange farbenen Regalen, was mir persönlich etwas zu modern ist, zwischen denen aber genügend Platz herrscht, besteht ein reichhaltiges Angebot. Eine ganze Wand beherbergt die Schweizer Literatur. Auch hier in Bern werden Taschenbücher und gebundene Ausgaben nicht gemischt. Die Belletristik ist nach Sprachen bzw. geografischem Herkunftsgebiet der Autoren sortiert, innerhalb dieser Bereiche gar alphabetisch, was sich als sehr angenehm und auch lehrreich herausstellt. Zehn Bücher nehme ich mit nach Hause - und bereue, dass ich ein altes Exemplar von William Faulkners "Die Stadt" stehengelassen habe.


So endet unsere kleine Erkundungsreise durch alle Bücher-Brocky-Filialen mit einigen Jugendbüchern, die meine Frau für sich selbst und auch für die Schulbibliothek unserer Tochter ausgesucht hat, während meine eigene Sammlung einen Zuwachs von vierundfünfzig neuen Büchern erhält - alle in sehr gepflegtem Zustand.



Ex Libris


Wer leidenschaftlich Bücher sammelt und Freude an seiner eigenen Bibliothek hat, der stempelt seine Bücher ab - dem ist der sogenannte "Ex Libris"-Stempel kein Fremdwort. Man kann auf verschiedensten Plattformen im Internet aus einem Angebot vorgefertiger Designs seinen eigenen Stempel personalisieren und anfertigen lassen, was ich kürzlich für meine Bücher und auch für die Sammlung meiner Frau getan habe.
Ex Libris hat nichts mit der gleichnamigen, in der Schweiz bekannten Buchhandlungskette oder dem früheren Buchverlag zu tun, sondern kommt vom Lateinischen und bedeutet so viel wie "aus den Büchern (von)". From the library of ... Man kennzeichnet mit dem Stempel seine eigene Sammlung und drückt gleichzeitig damit aus, dass einem der Besitz eines bestimmten Buchexemplars wichtig ist und etwas bedeutet. Wie früher, als wir noch Kinder waren und unseren Namen auf die erste Seite geschrieben haben. Dieses Buch gehört ...