Wie schon in "Gräser der Nacht" bewegen wir uns erneut in drei verschiedenen Zeitdimensionen. Da ist der kleine sechsjährige Jean, dem sich eine junge Frau namens Annie Astrand angenommen hat, weil die Eltern ihn aus unerwähnten Gründen abgeschoben haben, da ist der einundzwanzigjährige Jean, der gerade sein erstes Buch schreibt und sich an diese Kindheit zurückerinnert, und da ist der in der Gegenwart lebende, über sechzig Jahre alte Jean, der sich aufgrund einer Begegnung mit zwei unbekannten Personen an diese beiden früheren Lebensepisoden zurückerinnert. Und fleissig springt der Autor hin- und her, erinnert sich selbst in der Erinnerung, und fügt auch noch Traumbilder hinzu, so dass der Erzähler sich in diesen Bildern nicht wirklich zurechtfindet und der Leser bestrebt ist, immer zu erkennen, in welcher Zeit er sich gerade befindet. Das hört sich verwirrend an, ist es aber eigentlich gar nicht. Das muss man Modiano lassen.
Ein paar Formulierungen liessen mich an "Gräser der Nacht" denken, wie zum Beispiel das Bild mit den undeutlichen Morsezeichen, die durch die Zeit dringen, oder das Licht, das jemand brennen lässt. Sie scheinen zu Modianos Bildsprache zu gehören. Ich bin gespannt auf weitere Romane. Ich denke, er schreibt keine neuen Geschichten, er ist in der einen Geschichte gefangen, die ihn zum Schreiben bewegt.