Von Zwergen und Riesen
Besonders Grössenunterschiede scheinen es dem Autor in diesem fantastischen Wintermärchen, das weder in Kapitel noch Abschnitte unterteilt ist, angetan zu haben. Da begegnen die beiden Reisenden dem Müller, einem Kleinwüchsigen, der so kleinwüchsig ist, dass er seinen Selbstgebrannten aus dem Fingerhut der Müllerin trinken muss oder aus einer Essiggurke Keile herausschneidet wie normale Menschen aus einer Melone; da ziehen fünfzig Pferdis das Mobil des Kutschers, die nicht grösser sind als kleine Rebhühner und deren vier in der Fellmütze des Kutschers Platz haben; da tauchen grosswüchsige Pferde auf, so gross wie ein zweistöckiges Haus, die ganze Wagons ziehen, oder ein toter, auf dem Weg liegender Riese, in dessen Nasenloch sich das Schneemobil verkeilt, und der einen lebendigen Riesenschneemann mit Riesenphallus gebaut haben soll. Visionäre Hochtechnologien spielen eine Rolle - Radios, aus denen wie Hologramme lebendige Bilder treten, von lebendgebärender Filzpaste ist die Rede, aus der im Nu Behausungen gebaut werden, und von im Schnee liegenden Pyramiden, bei denen sich herausstellt, dass sie ein neues Drogenprodukt von Nomaden sind.
Originelle Stilmittel
Sorokin schildert stets aus der Sicht des Erzählers, wechselt hie und da aber auch auf die Innenschau und Gedankengänge des Doktors oder des Kutschers. Auch finde ich, dass er bewusst mit der Länge der Sätze spielt, um die entsprechende Atmosphäre zu schaffen. So zum Beispiel in der Schilderung von Garins Drogentrip im Zelt der Nomaden, wo die Sätze sehr kurz ausfallen - umso weiter holt er hier für mein Befinden mit der Beschreibung dieser halluzinogenen Reise aus. Zehn Seiten waren mir da einfach zu viel, tatsächlich war es die einzige Stelle im Buch, die ich quergelesen habe, was ich sonst nicht tue. An einer späteren Stelle, wo Garin fast zu erfrieren droht, setzt der Autor für Garins Traumbilder keinen Punkt, so dass der Satz fast über anderthalb Seiten reicht. Die sehr originellen Dialoge zwischen dem Kutscher und dem Doktor werten die Geschichte, in der selbst nicht viel passiert, auf, sind meines Erachtens sogar ein tragendes Element.