Die Erzählperspektive bleibt ausschliesslich bei Larry. Nichts wird beschrieben, was ausserhalb seines Blickfeldes, seiner Gedanken oder Empfindungen geschieht. Alles nimmt er sehr genau wahr, seine Person erhält Tiefe, man kann spüren, dass er die Trennung von Vater und Mutter nicht verarbeitet hat, und die Einsamkeit, Unerfahrenheit und Weltfremde machen ihn zu einem stillen Menschen, der nicht ausspricht, was ihn bewegt. So will seine Tante Doris, die im Ruf steht, wild zu sein, ihn aus der Reserve locken, dies auf ihre Art, was Larry nicht sonderlich schätzt, in Gesprächen mit ihr aber stumm hinnimmt. Vieles von ihrem Gerede versteht er auch nicht. Doris' Eifersucht auf seine Person - "Oh je. Du hast alles. Ja, so ist es, du hast einfach alles" - gibt dem Buch seinen Titel, die Trennung zu ihrem Mann und die verpasste Beziehung zu Larrys Vater empfindet und kompensiert sie mit Alkohol und Abenteuern, und so erhält auch ihre Figur Lebendigkeit und Echtheit.
Selbst Larrys Vater, der nur auf den ersten Seiten in Erscheinung tritt, bleibt in Larrys Gedanken und Wesensart, in Konversationen mit Doris immer präsent, und seine Figur verliert deswegen nicht minder an Tiefe. Auch er leidet stumm, möchte seinem Sohn ein guter Vater sein, für ihn sorgen, für ihn da sein, die Vergangenheit hinter sich lassen und für die Zukunft das Richtige tun. Dabei muss er lernen, Larry die Möglichkeit offen zu lassen, bei seiner Mutter in Seattle bleiben zu wollen, was er letztlich auch zulassen möchte.
"Eifersüchtig", ein schmales Buch subtiler Zwischentöne, das mir am Ende doch gefällt. Eine Zweitlektüre würde gewiss noch weitere Nuancen hervorbringen. Am Ende des Tages bin ich froh, diese Novelle nicht unfertig weggelegt zu haben. Im Gegenteil, die letzten zwanzig Seiten sind richtig stark, und ich kann nachvollziehen, was Marcel Reich-Ranicki damit meinte, wenn er über den Autor sagte: "Mit Pointen und Details weiss Ford glänzend umzugehen. In seinen Dialogen und Stimmungsbildern herrscht eine gespannte Atmosphäre, sie sind von hoher Dramatik. Seine Sprache bleibt immer nüchtern, auf Genauigkeit hat er es abgesehen."