Vermutlich hätte ich dieses Buch nie gelesen, wenn ich es nicht mit bester Empfehlung geschenkt bekommen hätte. Freunde hatten es mir besorgt. Ich hatte ihnen von Alex Capus' Roman "Fast ein bisschen Frühling" erzählt, den sie sich sogleich bestellten und sich beim Lesen an Peter Hosslis Buch erinnerten, ebenfalls eine wahre Kriminalgeschichte aus der Schweiz, die sich ganz in unserer Nähe zugetragen hat.
"Revolverchuchi, Mordfall Stadelmann", so der Titel des Buches, beschreibt ein Verbrechen, das 1957 im Kanton Aargau, in der Nähe von Brugg, tatsächlich geschehen ist. Peter Hossli hat die Vorfälle minutiös recherchiert und daraus einen interessanten und lesenswerten Roman gebastelt, hat Medienberichte, Akten-Aufzeichnungen aus Staatsarchiven, Zeugenaussagen, sorgfältig zusammengetragene Fakten in eine literarische Form gebracht. Peter Hossli ist Journalist und Korrespondent, schreibt fürs Fernsehen, ist kein klassischer Buchautor, der im Belletristik-Genre zuhause ist. 2018 erschien sein erstes Buch "Die erste Miete ging an die Mafia. Was ich bin: Reporter". Diese Liebe zu detaillierten Tatsachenberichten, was für Zeitungen und Magazine wichtig und entscheidend sein mag, ist mir hier in diesem Roman, sofern man die Kriminalgeschichte überhaupt als Roman bezeichnen kann, etwas zuviel des Guten.
Stattdessen fehlt mir das Berührende, die emotionale Tiefe der beiden Hauptprotagonisten, obwohl diesen von Hossli durch die Schilderung ihrer Befindlichkeiten viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Doch gelingt es mir nicht, Mitgefühl oder Sympathien aufzubringen, nicht einmal Abneigung, denn schliesslich ist Max Märki eine bemitleidenswerte Person, schliesslich hat er einen anderen erschlagen. Der Funke wollte bei mir nicht so richtig springen. Mit Ausnahme weniger Stellen, die jene auf der Buchrückseite erwähnte Sensibilität des Autors erkennen lassen, erhielt ich doch eher den Eindruck, als wollte Hossli möglichst viele Details in die Geschichte packen. Gar als Fremdkörper in der Kriminalgeschichte empfand ich die vom Autor eingeschobenen Beschreibungen von Weltgeschehnissen, die sich zur selben Zeit zutragen. Ein ganzes, zwar nur kurzes Kapitel widmet er dem Hund Laika, den die Russen mit einer Rakete ins All schiessen. Da macht sich der Journalismus bemerkbar. Das ist schade für den Roman und reicht meines Erachtens nicht an Alex Capus' Komposition heran, der in "Fast ein bisschen Frühling" historische Hintergründe viel passender eingeflochten hat.